Brennpunkt Feuerwehr

Risikoanalyse Arneburg-Goldbeck geht an den Landkreis / Personalnot und fehlende Drehleiter sind Hauptproblem

Das Löschwasserkonzept für Arneburg steht noch aus. Dennoch will die VG Arneburg-Goldbeck ihre Risikoanalyse samt Brandschutzbedarfsplan in zwei Wochen an den Landkreis geben – zur Vorprüfung. Die Rechtsaufsicht wird einiges zu bemängeln haben, denn der Brandschutz weist rechnerisch flächendeckend Lücken auf. Vor allem Personalnot und die fehlende Drehleiter machen der Kommune zu schaffen.

 

 

 

Von Karina Hoppe

 

 

 

Arneburg-Goldbeck Drei Wortgrößen spuken seit 2010 durch die Ausschuss- und Ratssitzungen der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck: Löschwasserkonzept (von Mitgliedskommunen verantwortet), Risikoanalyse und Brandschutzbedarfsplanung. Die Kommune befasst sich mit den Fragen, welches  Risiko (Brände, Unfälle) auf ihrem Gebiet besteht und vor allem, wie sie gegen dieses Risiko  gewappnet ist. Eine Mammuterhebung, die die Verbandsgemeinde zunächst versuchte, alleine zu stemmen, um dabei an ihre Grenzen zu gelangen. Der Landkreis als Rechtsaufsicht gab das Papier mit einer Riesenmängelliste zurück, seither ist der Maschinenbauer Clemes Köhler mit an Bord. Er hat ein Ingenieurbüro für Arbeits-, Brand-, und Gesundheitsschutz und stellt in Zusammenarbeit mit der Verwaltung und dem Ordnungsausschuss eine Diagnose, die es in sich hat.

 

 

 

Schwierige zwölf Minuten

 

 

 

„Über die ganze Fläche verteilt, gibt es gegenwärtig Bereiche, in denen der Brandschutz rechnerisch nicht abgesichert werden kann“, so Köhler. Das zweite sogenannte Schutzziel, in geforderter  Kameradenzahl nach 17 Minuten am Einsatzort zu sein, wird eingehalten. Aber das erste, nach zwölf Minuten, nicht immer. Und das liegt vor allem an zwei Problemen: der Personalnot und einer  fehlenden Drehleiter. 289 Einsatzkräfte gibt es mit Stand 1. April 2016 auf dem Gebiet der Verbandsgemeinde. Rechnet man pro Fahrzeug eine doppelte Besatzung, müssten es 332 sein. Aber damit nicht genug. „Wir haben das Problem, eine Kommune mit vielen Auspendlern zu sein“, so Ordnungsamtsleiter Karsten Rottstädt. So sind von den eh zu wenig Kameraden tagsüber noch weniger einsatzbereit. Dazu kommt, dass nicht allein die Quantität maßgebend ist: Es braucht Kameraden mit bestimmten Ausbildungen am Feuer und der Unfallstelle. Auch da hakt es, besonders, was die Atemschutzgeräteträger betrifft. Jährliche Belastungsprobe, vom Arzt nachgewiesene Fitness, dazu ein echter Einsatz als Atemschutzgeräteträger oder die Teilnahme an einer Übung: „Sie müssen sich regelmäßig Tests unterziehen“, so Köhler. Das ist eine Hemmschwelle. Großes Problem ist darüber hinaus, dass Arneburg-Goldbeck keine Drehleiter (Rettungshöhe 23 Meter) hat. Der vorgeschriebene zweite Rettungsweg kann so derzeit für 31 Gebäude nicht sichergestellt werden. In wenigen Fällen könnte wohl eine dreiteilige Schiebeleiter (Rettungshöhe zwölf Meter) helfen. Aber selbst wenn es davon ausreichend gäbe, sind die Fahrzeuge nicht dergestalt, dass sie sie  transportieren können.

 

 

 

Amtshilfe bringt nichts

 

 

 

Auf dem Dach vielleicht, aber dann passt das ein oder andere Fahrzeug nicht mehr in sein Gerätehaus. Amtshilfe von den umliegenden Gemeinden wurde abgeklopft. Sie wären laut Rottstädt nach „recht guten kollegialen Gesprächen“ zwar bereit, im Notfall mit ihrer Drehleiter auszurücken, kämen aber zu spät. Die erforderlichen zwölf Minuten hielten sie nicht ein. Dies könnte im Übrigen nicht einmal eine im zentralen Hindenburg stationierte eigene Drehleiter. Die Kommune hat zu viel Fläche. „Deswegen eine zweite Drehleiter anzuschaffen, wäre natürlich Wahnsinn“, so Köhler. Stehen betroffene Häuser in den Randgebieten, müsste über Alternativen nachgedacht werden. So könnte ein zweiter Rettungsweg per fester Leiter sichergestellt werden.

 

 

 

Obere Etagen leer ziehen?

 

 

 

Und auch die Idee, obere Etagen leerzuziehen, wurde in mehreren Ausschüssen zumindest laut formuliert. 600 000 bis 650 000 Euro kostet eine Drehleiter – „und das wäre noch nicht die allerbeste“, so Rottstädt. Von weiteren turnusmäßigen Investitionen in andere Technik ganz zu schweigen. Was die Personalnot betrifft, ist die Kommune längst auf dem Weg. Bei Einsätzen werden gleichzeitig mehrere Feuerwehren alarmiert. Außerdem befinden sich vier Löschzüge in Bildung. Jeder Zug spezialisiert sich sein Gebiet betreffend, etwa auf technische Hilfeleistung im Bereich Rochau wegen späterer A 14 und B189 oder auf Chemieunfälle im weitesten Sinne im Bereich Arneburg.

 

 

 

Kameraden rekrutieren

 

 

 

Wie aber gelingt es, mehr Kameraden in die Feuerwehren zu bekommen? Für Köhler steht und fällt dies mit der Mannschaft. „In eine Grummeltruppe möchte niemand gehen.“ Davon ab müssten wohl kreative Ansätze der Werbung gefunden werden. Köhler berichtet von einer Gemeinde, in der sich die örtliche Feuerwehr gemeinsam mit der Lokalzeitung einen Aprilscherz erlaubte und die  Zwangseinberufung von Kameraden ausrief. Konsequenz: vier neue Mitglieder! Andere Kommunen haben Eimer an die Haushalte verteile, damit diese selber löschen können. Solange kein Mensch  verbrennt, weil er ohne Drehleiter nicht gerettet werden konnte, ist alles gut. Aber wenn was passiert? Geht für die Angehörigen die Welt unter – und die Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck haftet. Nach Vorprüfung vom Landkreis soll das Papier deswegen so schnell wie möglich vom  Verbandsgemeinderat beschlossen (im neuen Jahr) und schließlich bei Landkreis wie Land hinterlegt werden. Nur dadurch hat die VG überhaupt die Chance, Fördergelder für den Erwerb vor allem der teuren Feuerwehrfahrzeuge zu erhalten.

 

Presseartikel der Volksstimme
Volksstimme_-_Osterburg_-_2016-11-23.pdf
Adobe Acrobat Dokument 545.0 KB

Hier finden Sie die aktuellen

Waldbrandwarnstufen ->

Hier finden Sie die aktuellen

Pegelstände ->